Halbleiter
HALBLEITER UND IHR SCHUTZ
Die Struktur eines Speicherchips, eines Mikrochips mit Mehrschichtaufbau oder eines Prozessors als dreidimensionale Struktur wird als Topografie bezeichnet und bei der Gebrauchsmusterstelle des Deutschen Patent- und Markenamtes (DPMA) angemeldet.
Solche Strukturen sind schutzfähig, besonders wenn sie als ASIC die Hardware Version eines Software-Patentes sind. Eine Topografie („mask-work“ in den USA, „integrated circuit topographies“ = ICTs in Kanada) ist nur dann schutzfähig, wenn sie Eigenart besitzt; eine dem erfinderischen Schritt des Gebrauchsmusters entfernt vergleichbare qualitative Hürde, ohne dass Neuheit explizit verlangt wird.
Sie ergibt sich indirekt aus dem Anmeldeerfordernis, ohne welches der Schutz nicht entsteht. Die „topografische Eigenart“ ist legal definiert als eine geistige Arbeit, die über Alltägliches hinausgeht und keine Nachbildung einer anderen (bekannten) Topografie schafft. Rechtsprechung zur Höhe dieses qualitativen Erfordernisses gibt es derzeit nicht, man muss aber den Fachmann der Halbleitertechnik annehmen und die Absicht des Schutzgesetzes sehen, die von einer geringen Hürde, dazu aber auch von einem geringen Schutzbereich ausgeht.
Eine „Mask-work“ (Topografie) kann noch innerhalb von zwei Jahren nach der ersten geschäftlichen Verwertung beim DPMA angemeldet werden, also eine extensive Neuheitsschonfrist. Gleichzeitig muss sie innerhalb dieser Frist angemeldet werden, um den Schutz entstehen zu lassen.
Ein Beispiel einer Topografie ist ein Verstärkerchip (5 V, automatische Verstärkungsregelung AGC), der fünf Lagen aufweist, die aber nicht zu erkennen sind. Der Hersteller ist auf der Topografie angegeben. Diese Topografie war beim DPMA unter DE 202 75 032.9 eingetragen.
Ein anderes Beispiel ist ein Chip für bipolare analoge und digitale integrierte Schaltung. Ein Zweck der Schaltung ist dabei nicht angegeben. Diese Topografie war beim DPMA unter DE 22 2004 000 004.9 eingetragen.
Auch LEDs auf einem Träger können eine Topografie bilden. Diese Topografie ist beim DPMA unter DE 22 2012 000 005.3 eingetragen. Ihre zehn rechteckigen LED-Chips in quadratischer Anordnung und die stromleitenden Kontaktierungen untereinander sowie die Anschluss-Bondpads für die zwei Stromzuführungen (alle zehn LEDs sind in Reihe geschaltet) sind unten sichtbar.
Diese Topografie (Figur 1) ist weniger komplex und überschaubarer als die vorher gezeigten Beispiele.
Dennoch ist ihr Schutzbereich eher eng zu sehen. HalblSchG §6 iVm §1 Abs. 4 verbietet nur die Nachbildung und das Anbieten der (geschützten) Topografie als solche; ein dem PatG §14 oder EPC Art. 69 entsprechender Bereich von Äquivalenten (naheliegende Abwandlungen der genau dargestellten Topografie) scheinen im Schutz zu fehlen, so auch Ensthaler in „Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht“, Springer, 1998, 153 zum Halbleiterschutzgesetz.
Es könnte z. B. gefragt werden, ob eine quadratische Ausbildung der jeweils mittleren LED in beiden Dreier-Reihen von rechteckigen LEDs noch eine Nachbildung wäre, bei ansonsten gleichem Aufbau der Topografie. Figur 1a zeigt eine solche Abwandlung bildlich, die als mögliche „Nachbildung der Topologie als solche“ eine Frage zum Schutzbereich der angemeldeten Topografie wäre. Widersinnig wäre es doch, wenn eine Veränderung schon der Winkellage der beiden leitfähigen Bondpads (mit „+“ und „–“ gekennzeichnet) um 10° bis 30° auf dem Trägersubstrat aus dem Schutz der angemeldeten Topografie als solcher führen würde. Die quadratische Ausbildung der jeweils mittleren LED hingegen würde aus der Nachbildung der angemeldeten „Topologie als solche“ führen (siehe Figur 1a).
Analog zu Gebrauchsmustern sind Topografien ungeprüfte Rechte. Sie werden erst dann geprüft, wenn ein Antrag auf Löschung vorliegt. Eine Topografie, die die Voraussetzung der Eigenart nicht erfüllt, stellt ein Scheinrecht dar und entfaltet von Anfang an (ex tunc) keine Schutzwirkung.
Die Lebensdauer einer Topografie beträgt eine Dekade, eigentlich bis zu 11 Jahren.
Die Schutzdauer endet zehn Jahre nach Ende des Kalenderjahres, in das der Anmeldetag fällt. Sofern die Topografie spätestens zwei Jahre nach Beginn der Kommerzialisierung (der nicht vertraulichen geschäftlichen Verwendung) angemeldet worden ist, berechnet sich die Laufzeit auf zehn Jahre ab dem Ende des Jahres, in das der Tag der ersten Kommerzialisierung fällt.
Ist der Anmeldetag ohne vorherige Kommerzialisierung der erste Januar, bekommt man 11 Jahre Schutz. Der Anmeldetag sollte also allzeit in den Januar oder das nächste Jahr verschoben werden.
Eine Erörterung des Standes der Technik zeigt, dass andere kommerzialisierte Topografien, die später publik wurden (und innerhalb der 2 Jahre angemeldet worden sind), als Stand der Technik die früher kommerzialisierte Topografie gegen sich haben, der gegenüber der Halbleiter-Fachmann geistige Arbeit aufwenden muss (hypothetisch betrachtet), um mehr als nachzubilden und nichts Alltägliches zu schaffen. So gesehen, könnte das Alltägliche das Neuheitserfordernis ebenso umschreiben, wie auch die Nachbildung. Für den darüber hinaus gehenden kreativen Akt bliebe die geistige Arbeit des Halbleiter-Fachmanns, der mehr als Alltägliches oder mehr als eine Nachbildung zu schaffen hat, um Eigenart zu begründen.
Stand: 19. Dezember 2013